Groß und breit stand es geschrieben, heute ab 19 Uhr steigt die Fete. Das las ich und dachte mir, auf dieser Fete darfst du nicht fehlen. Alles klar, um 20 Uhr stand ich vor dem Eingang, die Festlichkeit hatte schon vor einer Stunde ihren Anfang gefunden. Gefangene und ihre Wärter standen bis zur Eingangstüre eng zusammen, für mich war kein Platz mehr. Ich fuhr zum Hintereingang, da führte eine Rampe zu den obersten Plätzen hinauf. Die Türe ging auf und ich sah sogleich, dass dort oben noch ein paar Plätze frei waren.
Als diese Pforte sich öffnete und ich diese Musik und die ausgelassenen Menschen hörte, durchfloss mich ein Gefühl von Freiheit und Lebenskraft. Dieses Empfinden war stärker, als ich jemals ein Feeling in mir drinnen gespürt habe. Ich suchte mir sofort einen Platz, von dem aus ich das ausgelassene Treiben im Blick hatte. Ich begrüßte durch einen Wink ein paar Zeitgenossen, die ich vom Geiselsport her kannte, unten auf der Tanzfläche, auf der das gefangene Treiben stattfand. Der DJ, selbst von diesem Gefangenenorden, legte die heißen Scheiben auf. Man sah ihm die Scheinfreiheit in seinen Augen funkeln, nach zwei Stunden kam ein "Teilaufseher" und nahm ihm das Funkeln aus seinem Blick, er löste ihn ab.
Der ehemalige DJ gesellte sich zu seinen Leidenskameraden dazu, er wurde aus seiner Scheinfreiheit zurück in die Realität geholt. Die Zeit verstrich, ein Song folgte dem anderen. Grüppchen haben sich gebildet, je zwei bis fünf Personen hatten sich zusammengeschlossen. Jeder Clan tat was anderes. Die einen knutschten, die anderen weinten oder unterhielten sich, wieder andere standen herum und freuten sich einfach dabei zu sein. Die letzteren angekettet in ihrem Körper, saßen in ihrem Gefangenentransporter vereinsamt im Weg und grübelten, wie sie die Welt vor ihrem Ende retten könnten. Zu diesen gehöre auch ich. Glück und Leid waren, wie so oft, nicht weit voneinander entfernt.
Man glaubt es kaum, wie Gefangene ihres Körpers dem Takt der Musik folgen können. Ein paar versuchten sich sogar in Breakdance, aber sie waren zum Scheitern verurteilt. Es wollte einfach nicht klappen, ihre Körper folgten ihrem Geist nicht und brachen immer wieder zusammen, aber ans Aufgeben dachten sie nicht. Ich dachte mir, einer der Freien würde nach drei Versuchen das Handtuch werfen und sich frustriert in eine Ecke setzen und schmollen. Aber Gefangene des Körpers haben in ihrem Leben einen stärkeren Willen entwickelt, da sie jeden Tag ihres Lebens ihre Entschlusskraft trainieren, um zu überleben.
Wenn die übrige Menschheit wüsste was für ein Gedankenpotential in so einem Bollwerk der Gefangenenkörper steckt, sie würden sich der Furcht ergeben. Sie hätten Angst, dass einer oder mehrere der Angeketteten zur Freiheit gelangen und das Gute zurück bringen könnten.
Die Zeit floss weiter in ihrem alten Bett, langsam brachte sie mich ans Zeitufer. Um 23 Uhr wurde ich abgeholt. Ich verabschiedete mich von meinen Zeitgenossen und fuhr zum Treffpunkt.